Neuerscheinung: Kalkstein als „kritischer“ Rohstoff

Seit letzter Woche wird auch die Printversion meines Buches ausgeliefert. Am Freitag kamen nun auch die Belegexemplare an. Ich freue mich, dass diese Projekt jetzt seinen (vorläufigen) Abschluss gefunden hat!

Sebastian Haumann: Kalkstein als „kritischer“ Rohstoff. Eine Stoffgeschichte der Industrialisierung, 1840-1930, Bielefeld 2020.

Das Buch ist bei allen Buchhandlungen oder direkt beim Verlag erhältlich: Zur Verlagsseite

Publikation: Viruses, Practices and Perception

Passend zum Ende des Jahres 2020 ist ein Themenheft des Journal for the History of Environment and Society zu „COVID-19 & Environmental History“ erschienen. Das gesamte Heft steht open access zur Verfügung.

Darin findet sich auch mein Aufsatz: Viruses, Practices and Perception, in: Journal for the History of Environment and Society 5 (2020), S. 151-158. DOI 10.1484/J.JHES.5.122471

Historikertag 2018

Zurück vom Historikertag in Münster. Mein besonderer Dank gilt meinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern der Sektion „‚Materialität‘. Konzepte und Erkenntnispotenzial jenseits der Geschichte der materiellen Kultur“. Wir haben vier inspirierende Vorträge und einen hervorragenden Kommentar gehört:

  • Achim Landwehr (Düsseldorf): Zeit der Materialität – Materialität der Zeit. Geschichtstheoretische Erkundungen
  • Hedwig Richter (Hamburg): Menschenrechtsdinge. Materielle Bedingungen von Individualisierungsprozessen um 1800
  • Stefanie Gänger (Köln): Materia Medica in der iberischen Welt. Materialität in der Globalgeschichte des Wissens, 1750 – 1820
  • Sebastian Haumann (Darmstadt): Rohstoffe und Gefahrenstoffe. Materialität als Herausforderung der Umweltgeschichte
  • Sigrid Köhler (Tübingen): Kommentar

Die Sektion war mit etwa 50 Zuhörer/innen gut besucht. Auch die anschließenden Gespräche waren sehr konstruktiv und haben gezeigt, dass die theoretische Auseinandersetzung mit „Materialität“ in den Geschichtswissenschaften weiter geführt werden muss. Vor allem hat die Sektion deutlich gemacht, dass es sinnvoll ist, diese Diskussion breiter zu führen, als dies bisher oft geschieht. D.h. insbesondere den Dialog zwischen verschiedenen Subdisziplinen und Erkenntnisinteressen zu vertiefen, so wie wir es hier auch versucht haben.

Daneben gab es natürlich noch viele andere spannende Sektionen und auch die Mitgliederversammlung des VHD war dieses mal ausgesprochen interessant.

Besonders interessant für unser Projekt zu den Großsiedlungen der 1970er Jahre war die Sektion „Urban distinctions. Praxeologische Perspektiven auf Segregation und Nachbarschaftlichkeit im Westeuropa des 20. Jahrhunderts“, die von Christiane Reinecke organisiert worden war. Einen etwas ausführlicheren Bericht dazu habe ich hier verfasst: grossiedlungen.org.

Historikertag 2018: Sektion „Materialität“

Da in den letzten Wochen verschiedene Ankündigungen für Sektionen des Historikertags 2018 veröffentlicht wurden, wollte ich gerne auch auf die von mir organisierte Sektion „‚Materialität‘. Konzepte und Erkenntnispotenzial jenseits der Geschichte der materiellen Kultur“ hinweisen.

Abstract:
„Materialität“ hat Konjunktur und ist in der geschichtswissenschaftlichen Forschung zugleich noch ein weithin unterbestimmter Begriff. In seinem allgemeinen Gebrauch wird der Begriff durch die Forderung, die Dinglichkeit der Welt „ernst zu nehmen“, definiert. Das reicht nicht aus und ist auch Grund dafür, warum „Materialität“ mitunter als Modewort abgetan wird. Dabei hat die Zahl der Studien, die „Materialität“ konzeptionell für Forschungsbereiche jenseits der etablierten Geschichte der materiellen Kultur nutzbar machen, in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Ein erster Schwerpunkt liegt im Bereich der Medizin- und Wissensgeschichte und der damit eng verbundenen Umwelt- und Technikgeschichte. Einen zweiten Schwerpunkt bildet die Kritik an einem radikalen Konstruktivismus in der Geschlechterforschung, die für die Geschichte der Subjektivierung und der politischen Kultur relevant geworden ist. Drittens hat eine geschichtstheoretische Diskussion über den reflektierten Umgang mit der materiellen Qualität von Quellen neues Momentum aufgenommen. Bisher stehen die jeweiligen Konzepte von „Materialität“ aufgrund der heterogenen Erkenntnisinteressen recht unvermittelt nebeneinander. Mit dieser Sektion soll ein Versuch unternommen werden, Schnittmengen und Gemeinsamkeiten unterschiedlichster „Materialitäts“-Konzepte jenseits der etablierten Forschung zur Geschichte der materiellen Kultur auszuloten und für die empirische Arbeit nutzbar zu machen. Die Sektion bringt bewusst heterogene Beiträge zusammen, um eine weiterführende Debatte über das weite Bereiche der Geschichtswissenschaften verbindende Potenzial des Theorieangebots anzustoßen.

Programm:
Achim Landwehr (Düsseldorf): Zeit der Materialität – Materialität der Zeit. Geschichtstheoretische Erkundungen
Hedwig Richter (Hamburg): Menschenrechtsdinge. Materielle Bedingungen von Individualisierungsprozessen um 1800
Stefanie Gänger (Köln): Materia Medica in der iberischen Welt. Materialität in der Globalgeschichte des Wissens, 1750 – 1820
Sebastian Haumann (Darmstadt): Rohstoffe und Gefahrenstoffe. Materialität als Herausforderung der Umweltgeschichte
Sigrid Köhler (Tübingen): Kommentar

Die Sektion findet satt am Donnerstag, den 27.9.2018 um 11:00–13:00, Raum JO1

Weitere Informationen zum Historikertag 2018

Kolloquiumsvortrag IZWT Wuppertal

Am kommenden Mittwoch, den 11.1.2017, werde ich auf Einladung von Heike Weber und Christian Zumbrägel einen Kolloquiumsvortrag am Interdisziplinären Zentrum für Wissenschafts- und Technikforschung der Uni Wuppertal halten. Ich werde einige konzeptionelle Aspekte aus meiner Habil zur Diskussion stellen und auch versuchen, einen lokalen Bezug herzustellen – immerhin war und ist der Westen von Wuppertal einer der wichtigsten Standorte der Kalkindustrie.

Stoffgeschichte aus praxeologischer Perspektive. Kalkstein als Industrierohstoff des 19. Jahrhunderts

Mittwoch, 11.01.2017

18 c.t. Uhr

Raum N.10.20 (Gebäude N, Ebene10, Raum 20)
Campus Grifflenberg, Gaußstr. 20, 42119 Wuppertal

zum Programm des Kolloquiums

Konstruktivismus und „postfaktische“ Argumentationsschleifen

Am 15.12.2016 war in der ZEIT ein Artikel von Michael Hampe zu lesen (zum Artikel), in dem er über die Parallelen des kulturwissenschaftlichen Konstruktivismus und den sogenannten „postfaktischen“ Argumentationsmustern schreibt, die in letzter Zeit von Konservativen und Rechten benutzt werden. Der Artikel ist polemisch überspitzt und vereinfacht stark, aber ich finde ihn trotzdem lesenswert, weil er auf einen Zusammenhang hinweist, der mir schon seit einiger Zeit zu denken gibt. Meine Versuche, die Bedeutung von „Materialität“ zu fassen und geschichtswissenschaftlich zu untersuchen, zielen auf dieses Problem. Sicherlich, gesellschaftliches Wissen und Vorstellungen über so unterschiedliche Dinge wie Gesellschaft oder Stoffe sind konstruiert – hinter diese Grundannahme wird die geisteswissenschaftliche Forschung nicht zurück können. Aber jenseits dieser Konstruktionen existieren Phänomene, auf die sich die Konstruktion bezieht. Konstruktionen sind nicht beliebig, darauf sollte der geisteswissenschaftliche Diskurs wieder mehr eingehen, wenn er nicht die Vorlage für „postfaktische“ Argumentationsschleifen liefern will. Lösungen bietet Hampe in der ZEIT nicht an, nicht einmal andeutungsweise. Für mich besteht eine mögliche Lösung darin, den Fokus geisteswissenschaftlicher Forschung auf die Wechselwirkung zwischen Konstruktionen und „faktischen“ Bedingungen zu legen, mit denen sie verflochten sind.

Tagung „Historisch, praktisch, gut?“

Gestern (22.2.2016) war ich auf einem Kurzbesuch in Köln. Susanne Schregel und David Sittler hatten dort die Tagung „Historisch, praktisch, gut? Potenziale und Grenzen praxeologischer Ansätze für die Geschichtsschreibung zum 19. und 20. Jahrhundert“ organisiert.

Die aktuellen Diskussionen um eine historische Praxeologie, um die es auch bei dieser Tagung ging, nehmen langsam Kontur an. Auch wenn die Beiträge zu dieser Tagung recht heterogen waren, hat sich für mich doch das große Interesse an neuen theoretischen Perspektiven in den Geschichtswissenschaften gezeigt. Eine historische Praxeologie könnte ein solches Theorieangebot sein, mit dem wir in Zukunft Geschichte neu analysieren und interpretieren können. Noch scheint mir da aber viel Diskussionsbedarf zu bestehen – insofern war die Tagung in Köln ein wichtiger Schritt. Mir fiel besonders auf, dass vor allem zwei Aspekte noch unklar bzw. noch zu wenig reflektiert sind. Zum einen die Frage, welche neuen Erkenntnisse oder Sichtweisen die historische Praxeologie liefern könnte. Das erfordert aus meiner Sicht, Fragestellungen zu identifizieren, die bisher nicht zufriedenstellend beantwortet werden konnten, oder die sich aus aktuellen Problemen ergeben – solche Fragestellungen gibt es zu genüge, noch aber werden sie selten explizit erörtert. Zum anderen wird Materialität noch nicht wirklich ernsthaft konzeptionell eingebunden, obwohl die Theoriebildung dies eigentlich erfordert. Sofern nicht gerade mit Banalitäten argumentiert wird, kommt Materialität bisher oft als Materialität des Mediums daher und untersucht werden Praktiken als Diskurse. Das reicht aus meiner Sicht noch nicht aus, wenn man das Potenzial der historischen Praxeologie voll ausschöpfen möchte. Die Kölner Tagung war aber eine gute Gelegenheit, über diese Fragen nochmal zu sprechen und die Diskussion ein Stück weit voranzutreiben.

Zum Programm der Tagung