Tagung: Tensions of Europe

Kommende Woche (27.-30.6.2019) findet in Luxemburg die diesjährige Tagung des Tension of Europe Netzwerkes statt. Unter anderem wird es unter dem Titel „Natural Resources in the Age of Mechanization and Digitalization: Technological Change, National Narratives and Transnational Connections“ am Samstag, den 29.6. eine Sektion der Research Group on Technologies, Environment and Resources geben, an der ich beteiligt bin. In meinem Beitrag „Scaling Up Limestone Production. Exploration and Projecting Around 1900“ werde ich mich mit der Mechanisierung des Kalksteinabbaus um 1900 beschäftigen, die eng mit der geologischen Bestimmung großer Kalksteinvorkommen und dem Erwerb großer zusammenhängender Grundstücksflächen zusammenhing.

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Neue Publikation: „Towards a Historical Understanding of Critical Raw Materials“

Ende 2018 ist ein enuer Aufsatz zu „kritischen Rohstoffen“ in der Zeitschrift GAiA erschienen:

Towards a Historical Understanding of Critical Raw Materials. Suggestions from a History of Technology Perspective, in: GAiA 27 (2018), S. 373-378.

Der Aufsatz steht auch als open-access Version zur Verfügung: zum Aufsatz

Mehr Informationen zur Zeitschrift GAiA

Start in das Sommersemster 2018

Heute starte ich mit meinen Lehrveranstaltungen in das Sommersemester 2018. An der TU Darmstadt biete ich in diesem Semester eine Vorlesung und eine Übung an, die sowohl die Neuere Geschichte als auch die Technikgeschichte abdecken.

Vorlesung: „Nach dem Boom“. Die 1970er Jahre in der Zeitgeschichte
Die 1970er Jahre haben die Zeithistoriker Lutz Raphael und Anselm Doering-Manteuffel als Jahrzehnt „nach dem Boom“ bezeichnet. Im Gegensatz zu den 1960er Jahren, die durch das „Wirtschaftswunder“ und einen verbreiteten Zukunftsoptimismus geprägt waren, gelten die 1970er Jahre als Dekade der wirtschaftlichen Stagnation und des wachsenden Krisenbewusstseins. Die Ölpreiskrise, die sogenannte „Stagflation“ und eine wachsende Arbeitslosigkeit stehen für diese Interpretation, die zusammen mit der Bedrohung durch den Kalten Krieg und den Terrorismus im „Deutschen Herbst“ ein eher düsteres Bild der 1970er Jahre verfestigt. Dennoch waren die 1970er Jahre auch eine Dekade des Aufbruchs und in vielerlei Hinsicht die „Vorgeschichte der Gegenwart“. In der intellektuellen Debatte und in der Kultur setzte sich das Paradigma der „Postmoderne“ durch, die zahlreichen Protestbewegungen trugen zu einer Ausweitung politischer Partizipation bei und mit der Computerisierung setzte ein Trend ein, der die Wirtschafts- und Arbeitswelt nachhaltig verändert hat. In dieser Vorlesung werden die 1970er Jahre deshalb als Übergangsjahrzehnt porträtiert, in dem sich am Ende des Nachkriegsbooms neue gesellschaftliche, politische, ökonomische und kulturelle Muster herausbildeten.
Diese Vorlesung wird einen Überblick über die wichtigsten Forschungsfelder und Themenbereiche der historischen Auseinandersetzung mit den 1970er Jahren geben. Ein erster Schwerpunkt wird auf der Wirtschafts- und Sozialgeschichte liegen, ein zweiter auf der Politik und politischen Kultur einschließlich der Protestbewegungen und des links-alternativen Milieus. Schließlich wird die Kultur der 1970er Jahre, von intellektuellen Debatten bis zum Aufstieg der Populärkultur, behandelt.

Übung: Praxistheorie und Technikgeschichte
Fernsehen, Duschen und Autofahren sind alltägliche Routinen, die mit der Praxistheorie in den Blick kommen. Diese Routinen haben nicht nur eine Geschichte, sondern in diesen Geschichten spielen Technologien eine zentrale Rolle: Fernseher und Fernsehsender, Duschen und die Wasserversorgung, Autos und Straßensysteme haben sich in Wechselwirkung mit ihrer alltäglichen Nutzung entwickelt. So haben neue Technologien einen Einfluss auf alltägliche Routinen, aber diese Routinen beeinflussen zugleich, wie sich Technologien verbreiten oder wie sie angeeignet werden. Auf diese Zusammenhänge verweist die Praxistheorie, die seit einem guten Jahrzehnt intensiv debattiert und weiterentwickelt wird.
In dieser Übung werden wir anhand einschlägiger Aufsätze zunächst die Kernelemente und Grundannahmen der Praxistheorie kennenlernen. Im weiteren Verlauf werden wir uns damit befassen, welche Forschungsfragen mithilfe der Praxistheorie angegangen werden können und welches Potenzial die Praxistheorie für die Technikgeschichte hat.

Digitalisate: Reisetagebücher Hermann Wedding (1856-1862)

Zum Abschluss des Jahres noch mal ein paar digitalisierte Quellen. Die drei umfangreichen Reisetagebücher des späteren Professor für Eisenhüttenkunde, Hermann Wedding (1834-1908), die jetzt digital zur Verfügung stehen, habe ich 2015 während meines Aufenthalts als Scholar in Residence in der Eisenbibliothek Schlatt „entdeckt“. Die Kolleginnen und Kollegen von der Eisenbibliothek haben sich freundlicherweise um die Digitalisierung der bisher weitgehend unerschlossenen Tagebücher gekümmert, so dass Sie nun für alle Interessierten zugänglich sind.

Die Reisetagebücher Hermann Weddings geben Einblick in die Hochphase der europäischen Industrialisierung. Sie zeigen nicht nur, wie die verschiedenen Wissensgebiete von der Geologie über das Montan- und Hüttenwesen bis zum Maschinenbau ineinandergriffen. Sie dokumentieren auch die europäische Dimension des technologischen und ökonomischen Umbruchs der 1850er Jahre.

Schlatt, Eisenbibliothek, Mss 23: H. [Hermann] Wedding, Über die Freiberger Hütten; Freiberger Hütten Proceße. Abschrift nach einem Hefte des H. Th. [Hieronymus Theodor] Richter; H. [Hermann] Wedding, Verschiedene Notizen, 1856/57 (http://www.e-codices.unifr.ch/de/list/one/ebs/0023), 2017.

Schlatt, Eisenbibliothek, Mss 24: H. [Hermann] Wedding, Reise durch Thüringen, Bayern, Saarbrücken, Lothringen, Rhein, Westphalen, 1858 (http://www.e-codices.unifr.ch/de/list/one/ebs/0024), 2017.

Schlatt, Eisenbibliothek, Mss 25: Hermann Wedding, Metallurgisches Reisetagebuch durch Deutschland, Belgien und England, 1860-1862 (http://www.e-codices.unifr.ch/de/list/one/ebs/0025), 2017.

 

Lehrstuhlvertretung Technikgeschichte im WS17/18

Zum 1.10.2017 habe ich erneut eine Lehrstuhlvertretung übernommen. Nach einem Semester in Jena werde ich jetzt für ein halbes Jahr die Professur für Technikgeschichte an der TU Darmstadt vertreten.

Als Lehrveranstaltungen werde ich anbieten:

Kurzbeitrag zu Hartmanns „Atlas zu dem Handbuche der Bergbau- und Hüttenkunde“ (1858)

Im Rahmen der Reihe „Mein Lieblingsbuch“ hat die Eisenbibliothek in Schaffhausen meinen Kurzbeitrag zu Carl Hartmanns „Atlas zu dem Handbuche der Bergbau- und Hüttenkunde“ von 1858 veröffentlicht. Ich habe den „Atlas“ als „Lieblingsbuch“ der Eisenbibliothek ausgewählt, weil er nicht nur besonders schön illustriert ist, sondern weil in einigen der Darstellungen die Praktiken der Eisenverhüttung greifbar werden.

Zum Beitrag

Workshop: „Technology, natural resources and crises“

Am 8. und 9. Mai 2017 findet in Aarhus der Workshop „Technology, natural resources and crises in the past and present of Europe and beyond“ statt. Es ist bereits das zweite Treffen des Netzwerkes und ich freue mich dabei zu sein, nachdem ich meine Teilnahme am ersten Workshop letzten September leider absagen musste. Diesmal also werde ich mein Paper „Prone for Crises? How Resources Become Critical Resources“ zur Diskussion stellen. Ich bin sehr auf das feedback gespannt.

Zur Homepage des Workshops

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Promotionsstellen GRK „Kritische Infrastrukturen“ (TU Darmstadt)

Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft an der Technischen Universität Darmstadt neu eingerichtete, interdisziplinäre Graduiertenkolleg (GRK) „Kritische Infrastrukturen: Konstruktion, Funktionskrisen und Schutz in Städten“ schreibt zum 01. Oktober 2016 12 Stellen als Wissenschaftliche Mitarbeiterin/Wissenschaftlicher Mitarbeiter aus.

Das GRK erforscht städtische Techniksysteme, aber auch die Wechselwirkungen von Technik und (Stadt)Gesellschaften in Geschichte und Gegenwart. Es geht also um technische und damit verbundene politische, soziale und kulturelle Fragen städtischer Sicherheit. Im Mittelpunkt stehen Systeme der Ver- und Entsorgung, der Kommunikation und des Transports, die zum Nervensystem moderner Städte geworden sind. Ihre Störung kann daher dramatische Krisen auslösen. Hintergrund ist die wachsende Verwundbarkeit moderner Städte infolge externer Bedrohungen der Infrastruktursysteme (z. B. Naturkatastrophen, Terroranschläge und Cyberattacks), aber auch infolge wachsender Komplexität und Vernetzung der Systeme selbst. Ziel ist es, diese komplexen Systeme in ihren räumlichen und zeitlichen Zusammenhängen zu verstehen und zu erklären und Praktiken der Planung, Vermeidung von Funktionsunterbrechungen bzw. der Vorbereitung auf diese zu analysieren.

Dies geschieht in drei Forschungsschwerpunkten:
(1.) Wir wollen die Konstruktion technischer Infrastrukturen als „kritisch“ in den Blick nehmen. Wir fragen danach, welche technischen Funktionsnotwendigkeiten und sozialen und politischen Zuschreibungen relevant sind und inwieweit diese je nach historischem und räumlichem Kontext variieren.
(2.) Wir gehen davon aus, dass die komplexen räumlichen und zeitlichen Arrangements bei infrastrukturellen Funktionskrisen besonders gut erkennbar werden. Wir untersuchen daher Ausfälle von städtischen Infrastrukturen einschließlich der Bedingungen ihrer Vulnerabilität oder Resilienz.
(3.) Schließlich fragen wir danach, wie der Schutz vor und die Vorbereitung auf infrastrukturelle Funktionskrisen organisiert werden oder werden können (Prevention und Preparedness). Welchen räumlichen und zeitlichen Faktoren tragen sie Rechnung?

Die Forschung im GRK ist interdisziplinär angelegt und erfolgt durch Zusammenarbeit folgender Fachgebiete: Raum- und Infrastrukturplanung, Neuere und Neueste Geschichte, Technikgeschichte, Mittelalterliche Geschichte, Technikphilosophie, Vergleichende Analyse politischer Systeme, Ubiquitäre Wissensverarbeitung, Entwerfen und Stadtentwicklung, Bahnsysteme sowie Informatik im Bauwesen. Nähere Informationen finden Sie bald auch auf folgender Website: www.kritis.tu-darmstadt.de.

Für Historikerinnen und Historiker stehen insgesamt vier Promotionsstellen (zu je 65% einer Vollzeitstelle) in drei Fachgebieten zur Verfügung. Genauere Angaben zu den Aufgaben und Ansprechpartnern für die historischen Arbeiten folgen am Ende dieser Ausschreibung!

Aufgaben:
Aufgabe der KollegiatInnen ist die Abfassung einer Doktorarbeit innerhalb von drei Jahren in ihrem jeweiligen Fach zu einem (oder mehreren) der o.g. Forschungsschwerpunkte. Über den eigenständigen Forschungsbeitrag zur eigenen Disziplin und entsprechende Fachpublikationen/-vorträge hinaus wird erwartet, dass sich alle KollegiatInnen intensiv mit den Ansätzen der am Kolleg beteiligten Fächer beschäftigen und in ihrer Forschung interdisziplinäre Perspektiven berücksichtigen.

Konditionen und Umfeld:
Voraussetzung für die Förderung sind ein überdurchschnittlicher Masterabschluss und ein zügiges Studium. Zum Konzept des Kollegs gehört es, die interdisziplinäre Zusammenarbeit unter den beteiligten NachwuchswissenschaftlerInnen zu unterstützen – u.a. durch gemeinsame Oberseminare, Kolloquien und Workshops. Die Teilnahme an diesen Veranstaltungen ist verpflichtend. Sie finden in deutscher und englischer Sprache statt, es werden daher gute englische Sprachkenntnisse erwartet. Die Promovierenden nehmen während der Förderzeit ihren Wohnsitz im Rhein-Main-Gebiet. Das GRK bietet eine exzellente Forschungsinfrastruktur für Promovierende, die ihr eigenes Projekt im Rahmen eines innovativen und international vernetzten Programms durchführen möchten. Die Angehörigen des Kollegs arbeiten in gemeinsamen Räumen; sie werden von den beteiligten ProfessorInnen und einer Geschäftsstelle unterstützt und können vielfältige Angebote zur Unterstützung in der Promotionsphase nutzen (u.a. spezifische Förderangebote für Frauen). Zu den besonderen Leistungen des GRK gehört neben einem strukturierten Qualifizierungsprogramm die Möglichkeit eines finanzierten mehrmonatigen Auslandsaufenthalts an einer von vier renommierten internationalen Partneruniversitäten. Außerdem arbeiten wir mit diversen Partnern aus der Praxis zusammen (Behörden, Unternehmen, Verbände), in denen die Promovierenden Praktika absolvieren können. Die Vergütung erfolgt abhängig von Qualifikation und Berufserfahrung nach dem Tarifvertrag für die TU Darmstadt (TV-TU Darmstadt). Die Stellen sind auf 3 Jahre befristet und umfassen je nach Fachrichtung 65% oder 100% einer Vollzeitbeschäftigung. Teilzeitbeschäftigung ist grundsätzlich möglich.

Ihre Bewerbung:
Die TU Darmstadt strebt eine Erhöhung des Anteils der Frauen am Personal an und fordert deshalb besonders Frauen auf, sich zu bewerben. Bewerberinnen oder Bewerber mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50% werden bei gleicher Eignung bevorzugt. Bitte reichen Sie Ihre Bewerbungen in deutscher oder englischer Sprache bis zum 10. Juli 2016 in elektronischer Form (komprimiert in einer Datei, max. 6 MB) bei der/dem potenziellen fachlichen BetreuerIn ihrer Arbeit (s.u.) sowie unter folgender Adresse ein: info@kritis.tu-darmstadt.de. Beizufügen sind (1.) ein CV mit Angaben zu Studienverlauf, Sprachkenntnissen, Auslandserfahrungen, (2.) die akademischen Zeugnisse (gescannt), und (3.) eine Ideenskizze von bis zu fünf Seiten für ein Promotionsprojekt. Bitte fordern Sie hierfür eine Kurzbeschreibung des wissenschaftlichen Programms bei dem/der potenziellen BetreuerIn an. Auswahlgespräche finden zwischen dem 20. bis 22. Juli statt.
Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Es folgen drei fachgebietsspezifische Hinweise:

Hierbei schreibt das Fachgebiet „Mittelalterliche Geschichte“ eine Promotionsstelle (65% von Vollzeit) aus. Im Fachgebiet Mittelalter (6.-16. Jahrhundert) geht es um die Untersuchung langfristiger Prozesse. „Kritische Infrastruktur“ ist als beschreibungssprachliches und heuristisches Konzept zu verstehen. Es ermöglicht eine Analyse von einfachen technischen Systemen mit einem basalen Netzcharakter, die in Städten eine Verdichtung erfuhren und von städtischen Gesellschaften als wichtig angesehen wurden. Dazu zählen Straßen und Wege sowie vor allem Einrichtungen, die Wasser nutzten, z.B. Wasserversorgungssysteme und Wasserentsorgungssysteme (Brunnen, Schöpfanlagen, Leitungen, Ehgräben), Systeme zur gewerblichen Nutzung von Wasser (Mühlen, Wässerungssysteme) und für das Transportwesen (Wasserwege/ Kanäle/ Schleusen, Floßteiche und -gräben, Hafenanlagen mit Kränen, Werften usw.) und zur Verteidigung (Stadtgraben). In Kombination von Straßen mit Wasserwegen, Brücken, Stapelplätzen und Hafenanlagen kann von einen Netzcharakter gesprochen werden. Von besonderer Bedeutung sind neben den materiellen die soziokulturellen und politischen Dimensionen von Infrastrukturen (Bau und Unterhalt, Ingenieure als Spezialisten, Verwaltung, Bruderschaften/ Genossenschaften als Träger, Geleitwesen, Gasthäuser/ Versorgungseinrichtungen, Nutzungskonflikte, Repräsentativität, Symbolik usw.). Die historischen Doktorarbeiten sollen den Faktor ‚Zeit‘ in besonderem Maß thematisieren: Prozesse der longue durée wie die Entstehung der „Kritikalität“ von Infrastrukturen, Phänomene des Wandels an den Epochengrenzen, die Ablösung oder Überlagerung von Systemen, Funktionskrisen, gerne auch im Vergleich mit kurzfristigen Phänomenen (Katastrophen), Nutzungskonflikte und Instrumentalisierungen. Ausdrücklich willkommen sind Arbeiten, die an den üblichen Epochengrenzen liegen oder sie überschreiten. Der Vorschlag eigener Themen ist ebenso möglich wie die Konkretisierung eines der auf der Homepage angegebenen Themen. Bitte gehen Sie in Ihrem Exposé neben dem konzeptionellen Rahmen auf die empirischen Untersuchungsobjekte sowie auf Quellengattungen und -bestände ein und legen einen ersten Zeitplan vor.
Bitte wenden Sie sich bei Fragen zur Bewerbung (bitte nur per Mail) an Herrn Professor Dr. Gerrit Jasper Schenk (schenk@pg.tu-darmstadt.de).

In der Neueren und Neuesten Geschichte (Frühe Neuzeit, 19.-20. Jahrhundert), mit zwei Promotionsstellen, geht es um die Untersuchung langfristiger Prozesse. „Kritische Infrastruktur“ ist dabei als ein heuristisches Konzept zu verwenden. Explizite Zuweisungen von Kritikalität an Infrastrukturen gab es vor den 1990er Jahren so gut wie nicht, gleichwohl haben historische Stadt-Gesellschaften in der Regel bestimmte technische Systeme als zentral für ihr Funktionieren oder für ihre Identität angesehen – das gilt in besonderem Maß für das Industriezeitalter, aber auch für die Vormoderne. Eine Besonderheit der historischen Betrachtungsweise ist die Möglichkeit, neben dem ‚kritisch-Werden‘ auch das ‚unkritisch-Werden‘ einzelner Systeme untersuchen zu können. Von besonderer Bedeutung sind neben den materiellen die soziokulturellen und politischen Dimensionen von Infrastrukturen (Bau und Unterhalt, Ingenieure als Spezialisten, Verwaltung, Träger, Nutzungskonflikte, öffentliche Debatten, Symbolik usw.). Die historischen Doktorarbeiten sollen den Faktor ‚Zeit‘ in besonderem Maß thematisieren. Dabei werden sie zum einen Zeit als historischen Kontext berücksichtigen. Zum anderen sollen sie längere Prozesse oder Zustände in den Blick nehmen. Dabei können gern auch Kontraste zwischen lang- und kurzfristigen Phänomenen thematisiert werden (Beispiel Funktionskrisen: schleichende Ursachen wie dauerhafte Umwelteinflüsse oder Vernachlässigung vs. critical events). Diese Aufgabenstellung ermöglicht es auch, über zentrale Grundkategorien historischer Analyse zu reflektieren. Ausdrücklich willkommen sind Arbeiten, die die üblichen Epochengrenzen überschreiten und/oder die vorindustrielle Zeit untersuchen. Der Vorschlag eigener Themen ist ebenso möglich wie die Konkretisierung von Themen, die im Antrag benannt sind (Kurzfassung des Antrags bitte anfordern). Bitte gehen Sie in Ihrem Exposé neben dem konzeptionellen Rahmen auf die empirischen Untersuchungsobjekte sowie auf Quellengattungen und -bestände ein und legen einen ersten Zeitplan vor.
Bitte wenden Sie sich bei Fragen zur Bewerbung (bitte nur per Mail) an Herrn Professor Dr. Jens Ivo Engels (engels@pg.tu-darmstadt.de).

Die technikhistorische Forschung des Kollegs (eine Promotionsstelle) umspannt ein großes zeitliches und räumliches Feld. Auf der einen Seite werden der flächendeckende Ausbau und die ubiquitäre Aneignung urbaner Infrastrukturen in Europa und Nordamerika untersucht, mit dem Ziel die Hintergründe ihrer aktuellen Kritikalität und die damit zusammenhängende gesellschaftliche Vulnerabilität besser zu verstehen. Wurde etwa die mögliche Abhängigkeit des Alltagslebens von großtechnischen Systemen früher thematisiert und bewusst in Kauf genommen? Auf der anderen Seite wird der Blick auf afrikanische Städte gewandt, wobei hier die Resilienz urbaner Transportnetze im Zentrum steht. Durch einen interurbanen Vergleich soll der Frage nachgegangen werden, welche verschiedenen Nahverkehrskonzepte sich in den kolonialen bzw. post-kolonialen Phasen herausgebildet bzw. wieder aufgelöst haben. Ist es etwa der Fall, dass die Mobilität der urbanen Bevölkerung auch in Zeiten hoher Prekarität eine bedeutende Vielfalt und Flexibilität aufgewiesen hat? Zwischen diesen Extrempunkten sind selbstredend weitere Themen denkbar.
Um Ideen auszuloten, bietet es sich an, schon im Vorfeld der Bewerbung mit Herrn Professor Dr. Mikael Hård Kontakt aufzunehmen (hard@ifs.tu-darmstadt.de).

Lehrforschungsprojekt: „Zeugen der Industrialisierung“

Im kommenden Sommersemster 2016 werde ich ein Lehrforschungsprojekt für MA-Studierende anbieten, in dem wir das 1858 von Hermann Wedding verfasste Tagebuch seiner  „Reise durch Thüringen, Bayern, Saarbrücken, Lothringen, Rhein, Westphalen“ edieren werden.

Die 1850er Jahre gelten als das Schlüsseljahrzehnt der Industrialisierung in den deutschen Staaten. Der Eisenbahnbau, der Aufstieg des Maschinenbaus und die Montanindustrie prägten als Leitsektoren die rasante wirtschaftliche und technologische Entwicklung dieses Jahrzehnts. In dieser Zeit bereiste Hermann Wedding, der später Professor für Eisenhüttenkunde wurde, West- und Süddeutschland. Seine Eindrücke und Beobachtungen zu neu entstandenen Fabriken, technologischen Innovationen, aber auch zur Geologie hielt Wedding in einem Reisetagebuch fest. Dieses knapp 100seitige Tagebuch mit Weddings handschriftlichen Einträgen ist erhalten geblieben und befindet sich in der Eisenbibliothek, Schaffhausen.

Ziel des Lehrforschungsprojekt ist es, das Reisetagebuch, das Wedding 1858 führte, zu erschließen, zu transkribieren, den Kontext aufzuarbeiten und den Text schließlich als Edition zugänglich zu machen. Eine Veröffentlichung der Edition in Kooperation mit der Eisenbibliothek, Schaffhausen ist vorgesehen. Interesse an der Arbeit mit handschriftlichen Quellen des 19. Jahrhunderts und die Bereitschaft, sich in das Lesen von Quellen in Kurrentschrift einzuarbeiten, sind Voraussetzung für die Teilnahme an diesem Lehrforschungsprojekt.