Konstruktivismus und „postfaktische“ Argumentationsschleifen

Am 15.12.2016 war in der ZEIT ein Artikel von Michael Hampe zu lesen (zum Artikel), in dem er über die Parallelen des kulturwissenschaftlichen Konstruktivismus und den sogenannten „postfaktischen“ Argumentationsmustern schreibt, die in letzter Zeit von Konservativen und Rechten benutzt werden. Der Artikel ist polemisch überspitzt und vereinfacht stark, aber ich finde ihn trotzdem lesenswert, weil er auf einen Zusammenhang hinweist, der mir schon seit einiger Zeit zu denken gibt. Meine Versuche, die Bedeutung von „Materialität“ zu fassen und geschichtswissenschaftlich zu untersuchen, zielen auf dieses Problem. Sicherlich, gesellschaftliches Wissen und Vorstellungen über so unterschiedliche Dinge wie Gesellschaft oder Stoffe sind konstruiert – hinter diese Grundannahme wird die geisteswissenschaftliche Forschung nicht zurück können. Aber jenseits dieser Konstruktionen existieren Phänomene, auf die sich die Konstruktion bezieht. Konstruktionen sind nicht beliebig, darauf sollte der geisteswissenschaftliche Diskurs wieder mehr eingehen, wenn er nicht die Vorlage für „postfaktische“ Argumentationsschleifen liefern will. Lösungen bietet Hampe in der ZEIT nicht an, nicht einmal andeutungsweise. Für mich besteht eine mögliche Lösung darin, den Fokus geisteswissenschaftlicher Forschung auf die Wechselwirkung zwischen Konstruktionen und „faktischen“ Bedingungen zu legen, mit denen sie verflochten sind.