AKKU Tagung 2021

Am 4. und 5.11.2021 findet, leider digital, die Jahrestagung des Arbeitskreises für Kritische Unternehmens- und Industriegeschichte (AKKU) zum Thema „Erneuerungsdialoge zwischen Unternehmensgeschichte und (allgemeiner) Geschichtswissenschaft“ statt. Ich freue mich, gemeinsam mit Roman Köster einen Beitrag zum Verhältnis von Umweltgeschichte und Unternehmensgeschichte liefern zu können und bin sehr auf die Diskussionen gespannt. Die Frage nach der Verortung und vor allem auch Stärkung von Bereichen der Geschichtswissenschaften, die schonmal abwertend als „Bindestrich-Fächer“ bezeichnet werden, ist hochaktuell und wichtig. Denn die „allgemeine Geschichtswissenschaft“ ist auf Impulse aus diesen Bereichen angewiesen, wenn sie sich weiterentwickeln will.

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Digitale Lehre im Sommersemster 2020 mit Transkribus

Im Zuge der Vorbereitungen auf das digitale Sommersemester 2020 habe ich ein Seminar konzipiert, das mit dem Editionstool Transkribus arbeitet. Transkribus ist eine frei verfügbare Software, die im Rahmen des Projekts READ entwickelt wurde und den Standards der digitalen Quellenedition entspricht. Mich haben die Funktionen des Programms überzeugt, mit denen es auch ohne große Programmierkenntnisse bequem möglich ist, Quellen überprüfbar und standardkonform zu transkribieren und zu annotieren. Es ist meiner Einschätzung nach gut für den Einsatz in der Lehre geeignet. Für das Seminar, in dem wir kollaborativ an einer Quelle arbeiten wollen, ist es zudem entscheidend, dass es möglich ist, gemeinsam an einer Quelle zu arbeiten, sie zu transkribieren und zu edieren.

Wir werden Transkribus zusammen mit den Möglichkeiten, die die Lehrplattform moodle bietet, nutzen, um die digital vorliegende „Statistik und Beschreibung des Amtes Hilchenbach im Jahr 1782 (verfasst durch den Hilchenbacher Amtmann Johann Henrich Schenck)“ (Landesarchiv NRW, Abt. Westfalen, E 403 (Fürstentum Siegen, Oranien-Nassauische Behörden, Zentralbehörden in Dillenburg), I A 9) zu erschließen. Damit soll das Seminar einerseits einen Einblick in die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte des 18. Jahrhunderts geben und mit dem Quellentypus der „statistischen Beschreibung“ vertraut machen. Andererseits soll es Kompetenzen im Umgang mit tools der Digital Humanities vermitteln.

Vortrag: Bielefeld 12.12.2017

Auf Einladung von Peter Kramper werde ich morgen, am 12.12.2017, im Wirtschaftsgeschichtlichen Kolloquium an der Universität Bielefeld einen Vortrag halten. Unter dem Titel „Wirtschaften mit Rohstoffen. Praxeologische Perspektiven“ werde ich einen Überblick über die Möglichkeiten geben, die die Praxistheorie für die Untersuchung der Geschichte der Rohstoffnutzung bietet, und diese anhand von zwei kurzen Beispielen erläutern.

12.12.2017, 18:00-20:00 Uhr
Gebäude X E0-213
Universität Bielefeld

Tagungsbericht „Kritikalität“

Auf H-Soz-Kult ist heute ein Bericht von Tina Enders zur Tagung „Kritikalität“ veröffentlicht worden, die im Juli in Darmstadt stattgefunden hat. Zu der vom Graduiertenkolleg KRITIS veranstalteten Tagung habe ich einen Beitrag zum Konzept der „kritischen Rohstoffe“ beigesteuert, in dem ich versucht habe zu zeigen, wie die Thematisierung von Rohstoffen als „kritisch“ von einer historischen Perspektive profitieren kann.

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Habilitationsvortrag

Am kommenden Donnerstag, den 16.2.2017 werde ich meinen Habilitationsvortrag mit dem Titel „Non-Importation. Konsumverhalten als politisches Instrument der nordamerikanischen Unabhängigkeitsbewegung, 1763-1775“ halten. Mit dem Vortrag bewege ich mich nun endlich auch einmal in das 18. Jahrhundert und so ein bisschen in Richtung Frühe Neuzeit. Zudem bewege ich mich damit auch konzeptionell in einem für mich neuen Bereich. Das gemeine an dem Habilitationsvortrag ist nur, dass man für die Vorbereitung bloß zwei Wochen Zeit hat. Das reicht nicht wirklich, um tiefgreifend zu recherchieren. Aber dafür habe ich ja nach dem Habilvortrag ganz viel Zeit.

Neuerscheinunung JWG 2016/1: „Rohstoffräume“

Der aktuelle Band des Jahrbuchs für Wirtschaftsgeschichte, den Nora Thorade, Reinhold Reith und ich herausgegeben haben, ist jetzt verfügbar.

Sebastian Haumann, Nora Thorade und Reinhold Reith (Hrsg): Rohstoffräume / Sites of Resource Extraction (=Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 57/1), 2016.

Die Beiträge sind auch online veröffentlicht worden: Zur Website des Verlages

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Lehrforschungsprojekt: „Zeugen der Industrialisierung“

Im kommenden Sommersemster 2016 werde ich ein Lehrforschungsprojekt für MA-Studierende anbieten, in dem wir das 1858 von Hermann Wedding verfasste Tagebuch seiner  „Reise durch Thüringen, Bayern, Saarbrücken, Lothringen, Rhein, Westphalen“ edieren werden.

Die 1850er Jahre gelten als das Schlüsseljahrzehnt der Industrialisierung in den deutschen Staaten. Der Eisenbahnbau, der Aufstieg des Maschinenbaus und die Montanindustrie prägten als Leitsektoren die rasante wirtschaftliche und technologische Entwicklung dieses Jahrzehnts. In dieser Zeit bereiste Hermann Wedding, der später Professor für Eisenhüttenkunde wurde, West- und Süddeutschland. Seine Eindrücke und Beobachtungen zu neu entstandenen Fabriken, technologischen Innovationen, aber auch zur Geologie hielt Wedding in einem Reisetagebuch fest. Dieses knapp 100seitige Tagebuch mit Weddings handschriftlichen Einträgen ist erhalten geblieben und befindet sich in der Eisenbibliothek, Schaffhausen.

Ziel des Lehrforschungsprojekt ist es, das Reisetagebuch, das Wedding 1858 führte, zu erschließen, zu transkribieren, den Kontext aufzuarbeiten und den Text schließlich als Edition zugänglich zu machen. Eine Veröffentlichung der Edition in Kooperation mit der Eisenbibliothek, Schaffhausen ist vorgesehen. Interesse an der Arbeit mit handschriftlichen Quellen des 19. Jahrhunderts und die Bereitschaft, sich in das Lesen von Quellen in Kurrentschrift einzuarbeiten, sind Voraussetzung für die Teilnahme an diesem Lehrforschungsprojekt.

Jahrestagung des Arbeitskreises für kritische Unternehmens- und Industriegeschichte

Am vergangenen Wochenende habe ich die Jahrestagung des Arbeitskreises für kritische Unternehmens- und Industriegeschichte besucht. Mich hat daran besonders interessiert, dass die Tagung an der Schnittstelle zwischen Unternehmens- und Wissenschaftsgeschichte angesetzt hat. Die Vorträge haben sich überwiegend mit Wissen in Unternehmen oder Wissenschaftlern als Unternehmern befasst. Dabei ist deutlich geworden, dass nach wie vor eine gemeinsame „Sprache“ zwischen Unternehmens- und Wissenschaftsgeschichte fehlt. Die Grundannahmen und theoretischen Konzepte sind doch sehr verschieden. Trotzdem, und das war für mich dann auch das entscheidende Ergebnis der Tagung, gibt es ein großes Interesse, stärker miteinander ins Gespräch zu kommen. Dafür müsste man sich aber noch intensiver über die jeweiligen theoretischen Prämissen der Forschung austauschen. Denn, meiner Meinung nach, beginnen die Schwierigkeiten auf dieser Ebene. Dafür, dass eine solche theoretische Diskussion fruchtbar sein könnte, stehen die Zeichen mit Blick auf die ganzen postkonstruktivistischen Ansätze, die zur Zeit ausprobiert werden, recht gut.

Neu gelesen: Technologietransfer im frühen 19. Jahrhundert

In den vergangenen Tagen habe ich mich eingehend mit der Literatur zum Technologietransfer in der Hüttenindustrie während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auseinandergesetzt. Erklärungsbedürftig ist insbesondere, dass die Umstellung der Eisenerzverhüttung von Holzkohle auf Steinkohlekoks in Großbritannien schon am Ende des 18. Jahrhunderts stattfand, auf dem europäischen Kontinent aber erst in den 1820er Jahren in Belgien und in den 1850er Jahren in den deutschen Staaten „nachgeholt“ wurde. Das Wissen um die Möglichkeiten, mit Koks zu verhütten, war schon um 1800 weit verbreitet und auch die Versuche, den Transfer von Wissen aus Großbritannien zu unterbinden, waren offensichtlich nicht durchzusetzen. Warum also wurde das Wissen nicht angewendet?

Die Forschungslage zu dieser Frage ist umfangreich. Die meisten der Studien wurden in den 1960er bis 1980er Jahren durchgeführt. Genannt werden üblicherweise drei Faktoren:

1. Das reine Wissen um den Aufbau und die Funktionsweise von Kokshochöfen reichte nicht aus. Da das Schmelzen von Eisenerzen „a kind of cookery“ (Landes, 1969, S.92) war, kam es auf das Erfahrungswissen der Hochofenarbeiter an. Diese mussten nach Gefühl entscheiden, welche Menge Koks, Erze und Zuschläge eingebracht werden sollten, und die Temperaturentwicklung regulieren. Dieses Erfahrungswissen war schwer zu abstrahieren, entzog sich dem Transfer über Publikationen und Zeichnungen und führte zum Scheitern vieler Experimente mit Kokshochöfen.

2. Die Ausstattung der jeweiligen Standorte mit natürlichen Ressourcen variierte. In Großbritannien lagen Erze und Steinkohlen besonders nah beieinander. Zudem waren die Eigenschaften der Steinkohle für die Verhüttung geeignet. Beides war auf dem Kontinent meist nicht der Fall. Die Ausnahme der relativ frühen Industrialisierung Belgiens etwa wird darauf zurückgeführt, dass hier die Rohstoffe ähnlich dicht wie in Großbritannien beisammen lagen. Erst mit dem Ausbau von Bahnverbindungen nahm die Bedeutung der räumlichen Nähe der Rohstofflagerstätten ab.

3. Sind ökonomische Bedingungen als Ursache für die „verzögerte“ Umstellung auf die Verhüttung mit Steinkohlekoks angeführt worden. Kapitalmangel und wirtschaftspolitische Entscheidungen sollen eine Rolle gespielt haben. Insbesondere Rainer Fremdling aber hat darauf hingewiesen, dass die Umstellung auf Koks in den meisten Situationen lange Zeit keineswegs kostengünstiger gewesen sei. Entsprechende Versuche scheiterten ökonomisch, weil sie die Kosten der Holzkohlebefuerung letztlich überstiegen und Profite nicht zu erzielen waren.

Die drei Erklärungsmodelle weisen in je unterschiedliche Richtungen: Das erste Erklärungsmodell zielt auf die Praktiken der Verhüttung ab, also die routinisierten Handlungsabläufe am Hochofen. Die zweite Erklärung auf die Materialität der Rohstoffe, insbesondere auf ihre Verteilung und physikalischen Eigenschaften. Die dritte Perspektive rückt die ökonomische Rationalität der Akteure in den Mittelpunkt. Insbesondere die in den ersten beiden Erklärungsmodellen präsentierten Faktoren müssen allerdings neu angegangen werden, liegt ihnen in der Forschungsliterartur der 1960er bis 1980er Jahre eine recht naive Vorstellung von Praktiken und Materialität zu Grunde.

Literatur (Auswahl):

Rainer Fremdling, Technologischer Wandel und internationaler Handel im 18. und 19. Jahrhundert. Die Eisenindustrien in Grossbritannien Belgien Frankreich und Deutschland, Berlin 1986.

William O. Henderson, Britain and industrial Europe 1750-1870. Studies in British influence on the industrial revolution in Western Europe, Liverpool 1954.

David S. Landes, The unbound Prometheus. Technological change and industrial development in Western Europe from 1750 to the present, Cambridge 1969.

Sidney Pollard, Peaceful conquest. The industrialization of Europe 1760-1970, New York 1981.

Rheinisch-Westfälische Kalkwerke: Geschäftsberichte

RWK1888

Die Berichte über die ordentliche Generalversammlung der Rheinisch-Westfälischen Kalkwerke für die Jahre 1887/88 bis 1896/97 sind nur noch in einem Exemplar in der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen erhalten. Darin finden sich jeweils ein Bericht des Vorstandes, des Aufsichtsrats und die Bilanz, die allerdings nur wenige Seiten umfassen. Die Aussagekraft der Berichte und der Bilanzen sind zwar eher gering. Für die Jahre zwischen 1896/97 und 1912/13 scheinen keine Geschäftsberichte mehr vorhanden zu sein.

Die Rheinisch-Westfälischen Kalkwerke mit Sitz in Dornap (heute Wuppertal) waren das größte Unternehmen dieser Branche im Deutschen Reich. Sie produzierten hauptsächlich für den Bedarf der Eisenhüttenwerke im Ruhrgebiet. Im Jahr ihrer Gründung (1887/88) waren 480 Arbeiter beschäftigt, die gut 350000t Kalkstein und 50000t gebrannten Kalk herstellten. Zwanzig Jahre später produzierten sie mit 1200 Arbeitern 1000000t Kalkstein und mehr als 600000t gebrannten Kalk.